
Sonntag, den 17. Mai 1925
Die Fenster stehen weit offen, und die Abendluft strömt herein. Erfrischend nach den heißen Maitagen.
Vom Karussell dringt Musik herüber: „Wenn du eine kleine Braut hast, der du alles stets vertraut hast…“
Ich konnte leider nicht herausfinden, woher das Lied kommt oder wer es geschrieben hat. Hätte es gerne gehört.

Baron von Götz war heute mit seiner Familie zu Besuch. Mit den Kindern bin ich zum Karussell gegangen.
Trotzdem fühlte ich mich allein. Obwohl ich mich schließlich überwunden habe und unter die Blutbuche gegangen bin, wo die anderen Menschen saßen. Es war fürchterlich.
War das normal so? Also das man als Gouvernante auch mit den Kindern von Besuch etwas unternehmen muss? Hatte Hedwig einen freien Tag? Was war ihr Gehalt?
Heute Abend, als alle wieder gegangen waren, war es gemütlich. Ich fühlte mich schon fast zur Familie gehörig.
Eben habe ich mich gefreut, als Frau Baronin mir erzählte, dass Herr Direktor so nett über mich geschrieben hätte. Außerdem hätte sie von der Gräfin Hardenberg gehört, wie gut Perger (?) es immer versteht, die passenden Menschen für dieses Haus auszuwählen. Ergo…
Von Liesel und Idel habe ich Briefe bekommen. Die arme Liesel hat solches Pech gehabt und ist nun wieder zu Hause.
Heute habe ich Frau Schmidt eine Karte geschrieben – ich bin gespannt…
Verwandt mit Fritz Schmidt? Oder eine andere? Und wer ist Liesel?
Von Tag zu Tag fühlt sich Hedwig wohler, aber sie ist immer noch sehr einsam. Das Heimweh ist stark. Das können wir uns heute mit der ganzen Technik gar nicht mehr vorstellen.

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