

Sonntag, den 28. Juni 1925
Solch vergnügten Nachmittag habe ich lange nicht gehabt. Heute Morgen haben Bine und ich Heidelbeeren gepflückt. Die Baronin und die Gräfin waren zur Kirche gegangen. Als wir wiederkamen, kam aus dem Garten Herr Schmidt herunter.
Dann, nach Tisch, war ich unten im Lustfeld und dachte über Hilde Ballerstadts Karte nach. Dann spielten Bine und ich Verstecken. Ich schlich mich gerade am Hause hin, denn Bine suchte mich. Da fängt Munte an zu kläffen, springt in den Hof, und Herr Schmidt folgt ihm.
„Na, Fräulein Oltrogge, was machen Sie denn?“
„Verstecken spielen.“
Und nun spielt er den Unparteiischen, hat mich aber mehr geärgert, als sonst was gemacht.
Nach dem Kaffee wollten wir eine Autofahrt machen, aber die Baronin erlaubte es trotz aller Nadelkunst nicht.
Binchen weinte: „Du sollst nun aber auch nicht mitfahren.“
Ich sehe uns noch mit Waldi auf seinem Zimmer stehen und überlegen.
Schließlich wurde ein Spaziergang gestattet – und der war köstlich. Hab ich je so etwas von trockenem Humor gesehen! Dann dies Gesicht, diese Figur dazu – ich war restlos geliefert. In der großen Steinhöhle spielten wir Indianer. Er war der Räuber, der von uns gefesselt wurde. Und wie er sich dabei verstellte, wie ein Junge von 16 Jahren. Und dann den Lechmarberg hinunter, seinen Hut auf dem Nacken, die Feder im Knopfloch, am Hut einen Eichenstrauß – und dies Gesicht dazu! Diese Lachprozedur hätte ich Käthe gewünscht.
Eben nach Tisch – die beiden Damen gingen zum Nentmeister – da fragte er, ob ich nicht noch mit nach Göttingen wollte. Er könnte nicht hierbleiben, er wäre so mutig wie noch nie. Bine flehte mich an, es nicht zu tun. Ich überlegte mit ihm, und dann sagte er: „Ja, Fräulein Oltrogge, Sie könnten doch Fräulein Mahrenholz noch mitnehmen.“
Schließlich wollten wir, wenn, um halb neun unten sein. Sonst sollte er allein fahren. Na, und nun ist er wohl schon in Göttingen. Ich mochte es nicht tun. Bine findet Herrn Schmidt so nett, dass sie ihn heiraten möchte.
Morgen ist auch ein Tag!

