Sommer im Herzen

2–4 Minuten

Mittwoch, den 5. August 1925

So habe ich mir die Heimat gewünscht! So kann man da gern sein!

Thyra ist ganz anders geworden. Die ersten Stürme haben sich gelegt. Man merkt, sie ist glücklich und zufrieden. Das kann sie auch sein, bei den reizenden Kindern. Und Adolph liebt sie auch. Marie schaltete und waltete wieder so wie vor Jahren. Mir kam es kam es wieder so vor, wie damals. Und immer noch liebt sie Gustav, verträumt es indessen nicht, auch andere anzugucken.

Am Sonntag waren wir alle, bis auf Adolph, in Hellberge. Äußerlich ist das so ein netter Niedersachsenhof mit den vielen Eichen und dem abgeschlossenen, einsamen Charakter. Aber sieht man tiefer in die Familien, dann fragt man sich: „Ist das Glück?“

Elli und Heinrich? Ja. Aber Elli beherrscht den Mann vollkommen. Und leider im schlechten Sinn. Seine Mutter und Schwestern haben bei ihm die Heimat verloren.

Am Abend wurden Marie und ich von Meyer-Eblingen, Hermanns Schulfreund aus Hermannsburg, abgeholt. Wir fuhren zum Sportfest nach Hudemühlen. Dort war ein Schützenfest und ich dachte nur: „Bumm bumm!“ Mir war es physisch unmöglich hineinzugehen. Irgendetwas sträubte sich in mir. So machten wir bei Mondschein noch einen Spaziergang durch Hudemühlen.

Ob dieser Meyer Marie liebt? Ich weiß es nicht.

Ich wollte nur die Anstandsdame spielen (er ist 30 Jahre alt), aber das wollte er nicht glauben. Ich konnte mit ihm lachen und tanzen und hielt ihn für ganz harmlos, bis er beim Tanzen plötzlich nach meiner Hand griff. Sie erschien ihm so kalt, dass er meinte, er müsse sie fest drücken.

Wir drei saßen in einer Ecke bei einer Flasche Wein. Am anderen Ende saß G.B. (Gustav?) mit seinen „Damen“. Marie schaute öfter zu ihm hinüber, und er grüßte uns gar nicht. Stattdessen kam Hans Griesbuch, Hans Hohls und eine Unbekannte.

Ich konnte mit Meyer gut tanzen. Er hat ein offenes, fröhliches Gesicht und eine wohlgebaute, schlanke Figur. Über G.B. haben wir gesprochen wie Freunde, und ich dachte: „Solch einen Mann wünsche ich Marie.“

Um halb drei gingen wir heim. Er hatte uns beide untergehakt. Es war ein warmer Sonnabend mit Mondschein. Wir hatten die Mäntel übergezogen. Ich steckte meine Hände in die Ärmel, da spürte ich seine Hand nach meiner tasten, während er mit Marie sprach. Ganz leise und behutsam öffnete er meine Hand und hielt sie ganz fest. So gingen wir. Arm in Arm, Hand in Hand. Er war der erste, dem ich das erlaubte und ich bereue es nicht. Schön war es.

Heute brachte Marie uns zur Bahn. Da war der Treue wieder, er grüßte uns. Glücklich saßen wir mit unseren Koffern im Zug, zwei mal zwei. In Eickeloh sah ich, fast mechanisch, aus dem Fenster. Da kam er gerade vorbei, grüßte und fragte, ob noch Platz sei. Er setzte sich zu mir und fuhr bis Schwarmstedt, wo er sein Motorrad reparieren lassen wollte. Seine Augen sahen mich unverwandt an.

„Wann kommen Sie denn wieder?“

„In einem Jahr.“

Ja, das ist eine lange Zeit, da hatte er recht.

Dann musste er aussteigen, drehte sich noch einmal auf dem Trittbrett um. Zweimal, weil er auch seine Tasche vergessen hatte.

Und nun denke ich: Wenn der einmal Verwalter in Adelebsen wäre…

Das Leben ist doch schön!

Mit Marie war ich in der Heide, auf dem Schmorsberg saßen wir, und Wirklichkeit und Traum zerrannen in eins.

KI generiert

Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar