Ein goldener Käfig

1–2 Minuten
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Freitag, den 28. August 1925

Ich weiß nicht, was ich anfangen soll. Ich weiß nicht, was aus mir werden soll. Ich weiß nur, dass ich unglücklich bin. Ich lebe hier doch wie in einer goldenen Gefangenschaft.

Bine ist krank, und ich muss ständig bei ihr bleiben. Eben war ich eine halbe Stunde draußen, lief durch den Ort, weil ich dachte, ich müsste mal andere Menschen sehen. Aber niemand war da. Fräulein Sprenger nicht und Fräulein Mahrenholz ist im Harz. Alles ist tot und still, nur die Gänse schrien.

Aber ich denke, in Hannover wäre ich wahrscheinlich noch viel trauriger. Hier kann ich ihn wenigstens immer sehen. Ihn, sein Haus, den Hof, die Pferde, die Hunde. Alles, was zu ihm gehört.

Warum ruft er mich nicht? Ich kann doch nicht einfach so zu ihm gehen.
Oh, warum ruft er mich nicht?

Wäre ich ein Junge, ich würde arbeiten, jagen, meinen Schmerz totreiten.
Wie muss ich leiden. Still, heimlich, und niemand darf es wissen. Niemand soll es wissen. Ist das noch schlimmer als damals mit dem anderen? Ich weiß es nicht.

Krampfhaft versuche ich, an etwas anderes zu denken. Um mich abzulenken, hole ich Milch für Muschi aus dem Servierzimmer. Da steht Herr von Mühlenfeld, der gerade den Napf für seinen Tommy braucht. Ich warte so lange. Wir stehen beide da und sprechen über die Buchmanns und die Thießens. „Kennen Sie die wirklich nicht?“

Er ist so gut.

Als ich später die Treppe hinuntergehe und mit Muschi auf dem Arm aus der Tür will, kommt er mir mit seinem Hund entgegen. Die beiden sollen sich kennenlernen. Er hält Tommy, ich Muschi auf dem Arm, und die Tiere beschnuppern sich neugierig. Die Situation war komisch. Schließlich lief Tommy aber doch weg und kläffte zusammen mit Waldi meine Muschi von unten an. Da hielt ich es doch für besser, mich mit Muschi zu empfehlen. Ich hörte noch lange, wie er seinem Hund pfiff.

Heute beim Mittagessen wagte er sogar, sich nach Bines Befinden zu erkundigen.

KI generiert

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