

Dienstag, den 29. September 1925
Nachmittags, 15:30 Uhr
Ein sonniger Herbsttag.
Nach der Schule machte ich mit Bine einen Spaziergang. Die Luft war klar, die Bäume bunt, die Sonne warm. Mit Munter gingen wir den Weg durch die Gärten hinauf zum Kirchhof. Überall arbeiteten die Leute auf den Kartoffelfeldern. Wie oft bin ich hier schon entlanggegangen? Immer mit anderen Menschen, und immer war es schön. Wenn die Sonne lachte und ringsum Täler, Berge und Hügel liegen, hinter uns das Schloss. Frühling, Sommer und jetzt der Herbst. Heute hatte er nicht dieses traurige Strahlen, wie Werther es beschreibt, kein herbstschweres Reifen. Auf der kleinen Heidefläche am Lechtmar setzten wir uns nieder. Munter lag uns zu Füßen.
Ich dachte an die drei Briefe von heute Morgen: Lina schreibt nichts von ihrer Liebe, Liesel erwartet mich, und Marie und Rosy albern mit G. G. herum.
Im Grunde war ich aber einfach nur froh, weil ich heute Abend zu Schmidts gehen werde.
Bei Tisch.
Der Baron wollte mir unbedingt ein zweites Mal Wein einschenken. Ich hatte schon zweimal dankend abgelehnt. Nach einem Augenblick fragte er wieder, und ich lehnte wieder dankend ab. Da sagt die Baronin halb lachend: „Fräulein Oltrogge hat doch nun schon zweimal gedankt.“
Er antwortete: „Lass mich doch. Das ist doch eine nette Unterhaltung. Du bietest ja nie etwas an.“
Und recht hatte er irgendwie. Er meinte es gut.
Schließlich musste ich auch noch seine Schlagsahne essen. Dann erzählte er Bine von seiner Begegnung mit Schmidts. Sie standen mit ihrem Auto im Chausseegraben, ganz ohne Benzin.
„Das kommt eben von den 26 Jahren“, meinte er und sah dabei mehr mich an als seine Tochter Bine. Ich musste lachen bei dem Gedanken, dass sie sich von einem Holzwagen hatten wegfahren lassen.


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