Durch Leid zur Freude

2–3 Minuten

Donnerstag, den 1. Oktober 1925 – Lottes Kurts Geburtstag

Herr Haarstrich aus Hannover-Emmerberg hatte für heute glänzendes Wetter prophezeit, woraufhin der Baron ihn zurückgehalten hatte. Tatsächlich war es zwar bewölkt, aber angenehm warm.

Nach der Schule ging ich wieder hinunter. Lotte, im blauen Hauskleid mit weißer Schürze, hatte viel zu tun (sie hatten Ahsen geschlachtet). Sie holte Petersilie aus dem Garten, dann den Kater. Mit dem Kater gingen wir dann über den Hof zum Teich. Vor Lachen konnten wir kaum noch laufen. Wir warfen den Kater ins Wasser. Schwimmen wollte er nicht, er sprang einfach heraus. Herr Edam hörte unser Lachen und schaute aus dem Fenster.

Zurück im Haus wollte Lotte sofort das Essen für die Dampfpflugleute hinausbringen – die beiden Herren waren in Uslar. Auf dem roten Weg stand die Maschine, während der Pflug, von Seilen gezogen, hin- und herlief.

Dann kam ein Auto. Der Baron und die anderen. Natürlich fuhr Bine im Auto mit nach Hause. Lotte und ich gingen Arm in Arm und waren fast ebenso schnell am Gleis wie das Auto. Als wir auf den Hof kamen, standen alle Herren dort: der Alte, der junge Edam und Teuteberg. Der Alte wollte mich zum Spaziergang mitnehmen, während der Junge nach Göttingen fuhr. Gern wäre ich mitgefahren, aber ich musste ja zum Essen wieder hinauf.

Heute Abend soll ich zum Handarbeiten wieder hinunterkommen. Das will ich der Baronin noch gar nicht sagen. Idel schreibt ganz aufgeregt, ich soll schon am Mittwoch, dem 7., kommen, weil Thyra mit beiden Kindern anreist.

Letzte Nacht hatte ich einen merkwürdigen Traum: Rudolf und ich waren zusammen schwimmen. Das war herrlich. Doch dann fasste er mich und küsste mir dreimal die linke Wange, bis sie glühend heiß wurde. Dabei dachte ich: Auf die Wange darf er mich als Freund wohl küssen, das kann ich vor den anderen verantworten.

Ich bin so glücklich, hier eine Freundin gefunden zu haben. Dieses Prachtmädel! Wenn sie doch nur ihren Kurt bekäme!

Und dann geht mir alles durch den Kopf: Geburtstag, Hilde, Lotte, Bine, Idel, die Kinder und dass das Leben so wunderschön und gleichzeitig so tief traurig sein kann. Am schlimmsten ist die Einsamkeit. Doch gerade sie reift einen und lässt einem neuen Menschenherzen finden. Sonst hätte ich wohl kaum Lotte Schmidt kennengelernt. Durch das Leid zur Freude.

Zuerst fand ich Haarstrich nett, doch heute Mittag konnte ich ihn nicht leiden: Er umschmeichelte den Baron und machte das Gut schlecht. Die Baronin versuchte geschickt, vom Thema abzulenken. Haarstrich hatte sogar beobachtet, wie Lotte, Bine und ich mit Riesenschritten über den Hof gingen. Bine angeblich „wie ein Hund nebenher“.

„Ja, die Arme“, meinte er und bezog es auf den Baron. Das war mir zu albern. Ich lachte nur.

KI generiert

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