
Dienstag, den 17. November 1925
Bine ist noch immer erkältet.
Nach Tisch ging ich hinunter. Niemand war da. Lotte sollte um zwei aus Göttingen kommen. Ich ging über den Hof zur Bahn, aber statt Lotte kamen nur viele Juden.
So klar der Himmel, so herb und frisch die Luft! Wohin sollte ich gehen? Den roten Weg? Aber da konnte Herr Edam sein. Lieber an den Polenstätten vorbei, durchs Wäldchen.
Da sehe ich eine Gestalt im braunen Mantel den roten Weg herunterkommen. Kein Zweifel, das war er! Schnell sah ich weg und ging den Weg hinunter. Er musste mich gesehen haben. Als ich ziemlich weit entfernt war, blieb ich stehen und stocherte mit meinem Handstock im Lehm herum. Da stand er auf der Straße und sah zu mir herüber… Oder nicht?
Ich ging weiter, an der Schafherde vorbei. Am Wäldchen blieb ich wieder stehen. Wie golden die Sonne auf dem grünen Weg lag! Mein Herz jubelte: „Da geht er!“ Natürlich war er’s. Er ging zur großen Scheune, wo gedroschen wurde. Wie ein Rädchen läuft das Leben, und doch… Oh, wie ich ihn liebe!
Wann Lotte wohl wiederkommt? Und morgen ist Bußtag, da hat Fräulein Sprenger mich den ganzen Tag eingeplant. Dabei ginge ich doch viel lieber zu Schmidts. Heute kam der erste richtige Brief von Hermann und Idel.


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