
Mittwoch, den 2. Dezember 1925
Dicke Flocken, die Welt ist weiß von Schnee. Jetzt kommt Lotte aus Göttingen zurück. Ob sie mit uns rodeln geht? Morgen und übermorgen reist die Baronin nach Hannover, ich kann also morgen nicht zu Lotte, wie verabredet.
Marie Reichert schreibt: „Wenn du erst ganz wieder hier bist – dann…“
Und mein Herz wünscht, dass ich immer hier bleiben könnte. Wenn wir zum Rodeln gehen, kommen wir an seinen Feldern vorbei. Der weiße Schnee deckt seine Saaten zu. Mein erster Blick morgens gilt seinem Hof und seinem Haus. Das soll ich einmal für immer wieder verlassen können?
„Herr Schmidt reist immer gleich so weit weg“, sagt der Baron bei Tisch mit einem lauernden Blick. Dann wird wieder vom Schweinestall, den Kühen und so weiter geredet. Ich sage absichtlich zu all dem kein Wort. Ich lasse sie reden.
„Der Zweck des Lebens ist die Vervollkommnung deines eigenen Wesens“, schreibt mir der Hermannsbruder. Das Wort muss wahr sein. Und auch was Lotte mir sagt, dass mir noch mancher dazu fehlt. Sie meint die Liebe zu einem Mann, dem ich mein Selbst opfern kann. Sie mag recht haben.


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